Freitag, 27. Februar 2009

Gedichtinterpretation

Stufen

(Hermann Hesse)

Das Gedicht "Stufen" von Hermann Hesse (1877-1962) handelt vom Augenblick des Endes allen irdischen Wirkens. Die Menschen sollen den Tod sozusagen wie ein Neuanfang betrachten und sich darauf einlassen. Sie sollen Veränderungen im Leben positiv sehen.

Im Folgenden werde ich dieses Gedicht genauer analysieren und auf auffällige Details eingehen. Das Gedicht ist insgesamt in sechs Strophen eingeteilt, wobei Hesse aber die ersten drei inhaltlich zusammengehören lässt (1., 2. und 3. Strophe). Die darauf folgenden zwei Quartette gehören auch zusammen (4. und 5. Strophe) und die letzte Strophe steht für sich (6. Strophe). Es gibt zwei umarmende Reime, nämlich in der 4. und 6. Strophe. Die anderen Reime sind Kreuzreime und gehen über zwei Strophen hinaus. Als Versmaß wurde ein fünfhebiger Jambus verwendet, der in diesem Gedicht öfters nach dem zweiten Takt eine Zäsur in Form von Beistrichen hat. Klanglich gibt es nicht vieles, außer eine leichte Assonanz auf ´ei´, ´ie´, und ´i´. Sehr auffällig im Gedicht sind die Hypotaxen, die ständig vorkommen. Ebenfalls bemerkbar machen sich die Betonungen wegen der Wortstellung im Satz. Es gibt also viele Inversionen. Auf all das werde ich später genauer eingehen.

Den ersten Abschnitt bilden die 3 zusammengehörigen Strophen (1., 2. und 3.). In diesen Strophen wird dargestellt, dass alles irgendwann zu Ende geht und man offen für Neubeginne sein soll. Es heißt hier zum Beispiel "Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,...". Hesse will mitteilen, dass jeder Anfang etwas Neues und Schönes hat ("Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,..."). Daraus schließen sich auch einige Metaphern in diesem Abschnitt des Gedichts. Es heißt zum Beispiel, dass jede Jugend, Weisheit und Tugend, bzw. alles Irdische, nicht ewig dauern kann ("Jede Blüte welkt..") oder "Zauber", wie oben schon erwähnt, bedeutet etwas Schönes und Beschützendes. Rhetorisch auffällig sind ebenfalls die vielen Inversionen. Das heißt es gibt Umstellungen des normalen Satzbaus um bestimmte Worte zu betonen. Als Beispiel: "Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,...". Es gibt auch vier Enjambements in diesem Teil des Gedichts, nämlich über den 1.-2. Vers und den 3.-4. Vers der 1. Strophe. In der 2. Strophe sind die zwei Enjambements genau gleich verteilt wie in der ersten. Auffällig ist noch der Chiasmus "...Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,...".

Die nächsten beiden Quartette (4. und 5. Strophe) sind inhaltlich zum ersten Teil nicht sehr verschieden. Hesse spricht hier aber auch darüber, dass man nicht nur an einem Ort sein soll, sondern man muss aufbrechen und bereit für eine Reise sein, um langweiligen Gewohnheiten zu entgehen. Es werden wieder Metaphern verwendet wie zum Beispiel "Raum" für andere Orte und "Stufe" für Wandlungen. Weil dieses Gedicht zum Großteil vom Tod handelt, bzw. den Tod gutheißen lässt, meint Hesse mit dem Wort "Weltgeist" möglicherweise das Sterben. Es heißt nämlich, "Der Weltgeist will nicht fesseln und und engen, Er will uns Stuf´um Stufe heben, weiten." Das soll bedeuten, dass das Sterben, bzw. der Tod, nicht das Ende bedeutet, sondern eine Wandlung in ein neues Leben. In diesem Abschnitt gibt es wieder sehr viele Inversionen und ein Enjambement in der 5. Stophe über den 1.-2. Vers. Weiters gibt es noch einen Klimax, das heißt eine Steigerung in der 4. Strphe, letzter Vers ("Stuf´um Stufe").

Die letzte Strophe (6. Strophe) enthält sozusagen eine Schlussfolgerung, denn im letzen Vers heißt es "Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde". Hermann Hesse erwähnt in dieser Strophe auch, dass man vielleicht jung sterben kann, aber dass unser Dasein nicht enden wird ("Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden..."). In diesem Quartett gibt es wieder ein Enjambement über den 1.-2. Vers.

Dieses Gedicht behandelt ein Thema, dass auch heute noch weit verbreitet ist. Viele Menschen haben Angst vor dem Tod und fürchten sich vor dem, was danach ist.
Hermann Hesse möchte mit seinem Gedicht "Stufen" ausdrücken, dass der Tod ein Neuanfang ist und eine Veränderung im Leben gut gegen Erschlaffen und Langeweile ist. Der Mensch soll bereit für Abschiede sein und sich über Neubeginne freuen. Er sagt, dass nichts ewig dauern kann und jede Jugend einmal alt wird.

Mein persönlicher Eindruck zu diesem Gedicht ist sehr positiv, denn der Tod wird nicht als schlecht dargestellt. Man muss das Gedicht auch nicht unbedingt mit dem Tod verbinden, sondern mit anderen Veränderungen im Leben. Es ermutigt einen dazu neue Dinge auszuprobieren oder Reisen anzutreten. Hesse sagt im Großen und Ganzen, man soll offen für neue Bindungen, Anfänge und Lebenskreise sein.